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Was der Doppelaircheck Moderatoren eigentlich bringt

Quelle: Radio Grün Weiß

Wir schreiben die zweite Woche meines eben erst begonnen soundlarge-Ausbildung und während Spannung hier grundsätzlich schon nicht zu kurz kommt, so ist heute dennoch ein ganz besonders spannender Tag für mich. Denn: Wir verlassen jetzt das eigene Studio, um dem Team von Radio Grün Weiß in Leoben einen ausführlichen Besuch abzustatten! Vielleicht – weil wir einfach einmal Lust dazu hatten? Nein, nicht ganz. Sondern für einen Doppelaircheck. Aber dazu später.

Das ist ein Suchbild! Wo bin ich?Quelle: soundlarge
Das ist ein Suchbild! Wo bin ich?

Doppelaircheck? First Things First!

Wie viele Leute hören wohl täglich Radio? Ganz genau. Ziemlich viele. Aber: Wie viele Leute davon konnten schon einmal selbst während einer Moderation live mit im Studio stehen? Ja. Ich denke auch hier sind wir uns einig: Wenige.

Umso größer meine Neugier, als ich schließlich im Zuge der Ausbildung das erste Mal den Eingang von Radio Grün Weiß durchschreite. Wie sieht ein Radiosender wohl wirklich von innen aus? Herrscht Chaos? Fliegen zerrissene Moderationskarten durch die Luft? Laufen brennende Leute durch die Gänge? Nein, es stellt sich heraus, ich liege falsch.
Stattdessen begrüßt uns nämlich ein junges und motiviertes Team, die Innenräume glänzen in sendertypischem Grün-Weiß und über einigen Türen hängen rote „on air“-Warnleuchten. Eine blinkt.

Das unsichtbare Uhrwerk

Die Mitarbeiter∙innen sind spürbar gut aufeinander eingestimmt, es braucht keine ewigen Erklärungen oder Diskussionen. „Hier muss noch etwas hinzugefügt, dort eine Nachrichtenmeldung verbessert werden. Kannst du das schnell übernehmen?“ Und klar: Es ginge tatsächlich auch nicht anders, denn jeder hier sorgt dafür, dass für jede Minute live gesorgt ist. Einmal gesendet, gibt es nämlich kein Zurück. Und damit sind auch die Aufgabenbereiche klar verteilt:

Die verschiedenen Beiträge werden minutiös in einen wöchentlich neu gestalteten Terminkalender eingefügt, das Journalistenportal der Plattenfirma wird nach den Hits von morgen durchforstet, heruntergeladen und in die Playlist gestellt. Texte für Beiträge verständlich aufbereitet und Interviews geführt und geschnitten.

Radio Grün Weiß JobQuelle: soundlarge
Bei so gemütlicher Atmosphäre ein Interview geben? Da hätte ich natürlich auch nichts dagegen! 🙂

Die Menschen vor dem Pult

Einen besonders großen Anteil dieser Verantwortung tragen dabei natürlich die Redakteur∙innen und Moderator∙innen des Senders. Denn sie sind es ja auch, die täglich in den Livesendungen dafür sorgen, dass Tausende Menschen unterhalten und gut informiert durch den Tag kommen. Dabei gilt es nicht nur, eine besonders klare Sprache zu finden und während den wichtigen Momenten fehlerfrei zu formulieren, sondern ebenso ein Gefühl von Interesse, Spannung und Authentizität zu generieren. Währenddessen noch passende Überleitungen zu finden, das demnächst anstehende Programm schmackhaft zu machen und die sendereigenen Jingles gezielt zu platzieren gehört hier zur Routine.

Alles in allem also eine richtige Herkulesaufgabe. Aber kann man das denn einfach so mit etwas Pioniergeist schaffen?

Natürlich nicht und genau hier kommen soundlarge und André Brunner-Fruhmann ins Spiel. Denn heute wird ein sogenannter Aircheck durchgeführt. Im Speziellen sogar ein Doppelaircheck. Aber was bedeutet das eigentlich?

„Zeig mir deine Arbeit, und ich sag dir wer du bist.“

Wie ein weiser Mann einst sagte: „Ein Auszubildender weiß, dass er nichts weiß.“ Oder – nein. Halt. Ich meine natürlich: „Wer aufgehört hat, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein!“

Um das zu verhindern, gibt’s eben den Aircheck. Und das ist auch keine Seltenheit. Denn so gut wie alle Radiosender engagieren externe Berater∙innen oder haben spezielle Mitarbeiter∙innen für einen Aircheck (in unserem Fall: Doppelaircheck), die sich zu zuvor festgelegten Terminen mit den Moderator∙innen eines Senders für mehrere Stunden zusammensetzten. Und so wird dafür gesorgt, dass genau das eine nicht passiert: Und zwar Stillstand. Dabei ist es auch wurscht, ob man jetzt Robert Kratky oder Max Mustermann heißt.

Denn alle Moderator∙innen haben verschiedene Ecken und Kanten, Vor- und Nachteile, Schwächen und Stärken. Und nur um die soll es heute gehen. Weil es sich in diesem speziellen Aircheck aber wie zuvor angekündigt, um einen Doppelaircheck handelt, sitzen jetzt gleich zwei Moderatorinnen vor André Brunner-Fruhmann. Und zwar einerseits Patrizia Scheuchenstuhl, die in der beliebten Morgenshow Perfekt Geweckt! Die grün-weiße Morgenwelle für den extra Schub in den Tag sorgt. Und andererseits ihre Kollegin Heike Skupa, die als Moderatorin des Vormittagsprogramms Bei der Arbeit die alltägliche Tristesse vertreibt.

Achso – für alle die mich noch immer suchen: Hier bin ich!Quelle: soundlarge
Achso – für alle die mich noch immer suchen: Hier bin ich!

Konstruktive Kritik ist Selbstverständnis

Und die erste Frage lautet gleich: „Warum eigentlich zu zweit?“ Normalerweise finden diese Gespräche nämlich unter vier Augen statt. Es macht ja auch jeder seine eigene Sendung. Trotzdem gibt es da einen wohlüberlegten Grund: nämlich für den Teamgeist. Für ein Verständnis, was die Kolleg∙innen eigentlich alles so tun. Als Anregung. Für neue Ideen. Für die Dynamik. Denn darum dreht sich immerhin alles. Vorankommen. Ein Live-Programm muss immer frisch am Puls der Zeit und zugleich professionell wirken. Alles andere ist eine Niederlage. Und deswegen geht es jetzt auch ans Eingemachte. Minute für Minute wird jeweils eine einstündige Sendung der beiden Moderatorinnen nachgehört und detailliert analysiert. Und das – keineswegs einseitig:

André Brunner-Fruhmann pausiert eine Passage: „Dieser Einstieg.“ Es herrscht jetzt absolute Stille. „Was denkt ihr darüber?“ Die beiden Moderatorinnen kennen dieses Prozedere bereits, aber auch mir wird jetzt klar: Ein Moderator oder eine Moderatorin kann es sich nicht leisten, hinter Befindlichkeiten in Deckung zu gehen. Kritische Selbstreflexion ist das A und O dieser Profession. „Hier habe ich mich verhaspelt, dort verdrückt.“ Alles ist live, Fehler sind nicht zu revidieren. Umso beeindruckender, mit welch souveräner Distanz die beiden Moderatorinnen ihr Werk betrachten können – und wie positiv und offen über Verbesserungen gesprochen wird. Man will besser werden. Und nimmt die monatliche Zusammenkunft während des Airchecks als die Gelegenheit war, die sie auch ist. Nämlich eine tolle Chance, die gut gemeinten Verbesserungsvorschläge für sich selbst zu nutzen. Weil man auch immer besser werden kann. Und das alles: freundlich, offen und mit Mut.

Doppelaircheck Nr. 2!

Jetzt mit uns im Raum: ein waschechtes Moderator∙innen-Duo. So führt Martin Teibinger, seines Zeichens Volksmusikexperte, seit einiger Zeit mit dem Charme des steirischen Dialekts und seiner Co-Moderatorin Clara Ploder immer Montags durch die Radio Grün Weiß Sendung Unterwegs mit Clara & Martin. Doch nicht nur ihre Liebe für die Volksmusik macht die beiden zum optimalen Team, sondern auch ihre Wanderlust. Und das Beste? Uns nehmen die beiden dabei, natürlich rein akustisch, gleich mit!

Ungebrochener Entwicklungswille als Blut in den Adern eines lebendigen Senders

Wie laut startet man also das nächste Lied? Wie spricht man seine Hörer∙innen an? Wie gewichtet man gesprochene Inhalte, Werbung und Musik? Woher kommt diese ganz eigene Dynamik bei einer Doppelmoderation? Und wie in aller Welt wirkt man bei alledem dennoch witzig, locker und familiär?

„Stell dir bildlich vor, was du erzählst! Sprich mehr aus dem Bauch heraus. Lass dich von Fehlern nicht so stark irritieren, diese Momente sind so schnell versendet, das ist es nicht wert.“

Genau dafür gibt‘s den Aircheck. Um individuell auf die Fähigkeiten der verschiedenen Moderator∙innen eingehen zu können, um am Ball zu bleiben, um das bestmögliche Produkt für die Hörer∙innen zu produzieren. Und – obwohl mein Name kein einziges Mal beim Doppelaircheck gefallen ist, bin es dennoch definitiv ich, der am meisten gelernt hat. Und zwar:

Radio ist keine Playlist abspielen und ein bisschen Blabla. Radio ist ein Handwerk das gelernt werden will.

Ich konnte natürlich nicht widerstehen und hab deswegen gleich mehrfach unterschrieben!Quelle: soundlarge
Ich konnte natürlich nicht widerstehen und hab deswegen gleich mehrfach unterschrieben!

Von Doppelaircheck, Arbeit und Freude

Abschließen will ich diesen Erfahrungsbericht aus meiner Ausbildung aber trotzdem nicht mit meinen eigenen Worten, sondern mit denen von Heike Skupa. Und zwar während sie gerade auf Sendung war, aber das Mikrophon aus. Also zwischen zwei ihrer Moderationen, als ich sie naiv fragte, wie sie denn zum Radio kam:
„Radio ist nicht einfach nur eine Sache, Radio ist eine Leidenschaft. Und es ist eine tägliche Herausforderung. Und man muss während einer Sendung stets konzentriert dabei bleiben. Aber wenn man etwas wirklich gerne tut, fühlt es sich nicht wie Arbeit an. Und jetzt muss ich leider wirklich weiter machen, aber du kannst gerne noch hierbleiben und ein bisschen zuschauen.“

Und das – habe ich dann auch gemacht.

Philipp Lacher